Krankheitsformen

– Kardiovaskuläre Erkrankungen –

Krankheitsformen

Ein kurzer Überblick über die verschiedenen Krankheitsbilder, mit denen wir es hauptsächlich zu tun haben.

Hoher Blutdruck im arteriellen System verdient schon allein deshalb erhöhte Aufmerksamkeit, weil er langfristig die Arterien und die Organe schädigt. Er ist einer der Risikofaktoren für kardiovaskuläre Erkrankungen. Nach der Definition der WHO liegt ein Bluthochdruck dann vor, wenn die Werte höher als 140/90 mm Hg sind. Je höher der Blutdruck, desto eher auch die zu erwartende Schädigung. Ist der Bluthochdruck schlecht eingestellt, verringert sich die Lebenserwartung um bis zu 10 Jahre. Es ist gesichert, dass eine blutdrucksenkende medikamentöse Therapie Leben verlängert und vorbeugend auf Erkrankungen wie Schlaganfall und Herzinfarkt wirkt. In ihren Auswirkungen sind Blutdrucksenker also weit weniger schlimm zu bewerten als die Folgen zu hohen Blutdrucks. Deshalb ist es immer besser, mögliche Nebenwirkungen in Kauf zu nehmen, als die Krankheit unbehandelt zu lassen. Unterscheiden muss man noch zwischen dem essentiellen oder primären und dem sekundären Bluthochdruck. In den meisten Fällen haben wir es mit dem primären arteriellen Hypertonus zu tun, der nicht durch eine andere Krankheit verursacht wird und der als Regulationsstörung aufzufassen ist. Die statistisch gesehen häufigste Ursache für den sekundären Bluthochdruck (dem Bluthochdruck, der durch die Krankheit eines oder mehrerer Organe verursacht wird), sind Erkrankungen der Nieren.

Unter einer Thrombose verstehen wir die Bildung eines die Körperfunktionen störenden, lokalen Blutgerinnsels. Aber nicht jedes Blutgerinnsel hat auch negative Auswirkungen; die Fähigkeit des Organismus Blutgerinnsel zu bilden ist sogar absolut lebensnotwendig. Hätte er diese Fähigkeit nicht, liefen wir permanent Gefahr zu verbluten. In unserem Körper findet ständig die Bildung und Auflösung von Gerinnseln statt. Bei einem gesunden Organismus ist dieses Gleichgewicht genau austariert. Erhöht sich jedoch die Gerinnselbildung übermäßig, wird sie zur Gefahr. Ein Thrombus kann in den Venen, den Arterien oder im Herzen selbst entstehen. Bei einer Thrombose im venösen System ist es vor allem die Abflussstörung des Blutes aus den Organen, die auffällt. Wir beobachten zum Beispiel bei der tiefen Beinvenenthrombose Schwellungen durch Flüssigkeitseinlagerungen und bläuliche Verfärbungen, weil das sauerstoffarme Blut nicht mehr zum Herzen transportiert wird. Die Thrombose im arteriellen System ist gekennzeichnet durch die Unterbrechung der Blut- und Sauerstoffversorgung beim betroffenen Organ. Die arterielle Thrombose in den Herzkranzgefäßen spielt eine entscheidende Rolle bei der Entstehung eines Herzinfarktes. Die Embolie ist ein mit dem Blutstrom verschlepptes Blutgerinnsel. Der Ort des Gefäßverschlusses ist ein anderer als der der Gerinnselbildung. Wir unterscheiden zwischen Embolien des venösen und des arteriellen Systems. Prominentes Beispiel für eine venöse Embolie ist die Lungenembolie, bei der Gerinnsel, die überwiegend aus den Beinvenen stammen, die Lungenschlagadern verstopfen. Ist die Embolie sehr groß, versagt das rechte Herz innerhalb von Sekunden. Arterielle Embolien sind sehr häufig beim Vorhofflimmern in Form von Schlaganfällen.

Der Schlaganfall ist ein Infarkt des Gehirns. Der Mechanismus ist derselbe wie bei einem Herzinfarkt. Die Blutversorgung von Teilen des Gehirns wird durch einen Gefäßverschluss unterbrochen. Anders als Herzmuskelzellen sind die Nervenzellen des Gehirns weitaus empfindlicher gegenüber Sauerstoffmangel. Fällt ihre Blutversorgung nur für wenige Minuten aus, bleiben sie unwiderruflich geschädigt. Wie beim Herzinfarkt hängt die Schwere des Infarktes und die Schädigung des Gehirns vom betroffenen Gefäß ab. Entscheidend für die Folgeschäden ist nicht nur die Größe des verstopften Gefäßes, sondern hauptsächlich, welche Hirnregionen es versorgt. Die häufigste aller Ursachen für einen Schlaganfall ist das Vorhofflimmern. Diese Rhythmusstörung begünstigt die Entstehung von Blutgerinnseln im Herzen; sie werden durch den Blutstrom in die Arterien der Organe verschleppt und verstopfen dort ein Gefäß. Leider ist das Gehirn sehr oft dabei die Endstation. Es können aber durchaus auch andere Organe betroffen sein.

Die Koronarkrankheit und in deren Folge die koronare Herzkrankheit sind die Erkrankungen, mit denen wir uns in der Erwachsenenkardiologie am häufigsten konfrontiert sehen. In den meisten Fällen ist sie bedingt durch die Arteriosklerose der Herzkranzgefäße. In seltenen Fällen finden sich auch andere Gefäßkrankheiten, zum Beispiel: Entzündungen der Gefäße (Arteriitiden) oder spontane Einrisse der Gefäßinnenhaut (Dissektion).

Im Grunde genommen ist sie keine eigenständige Erkrankung, sondern das Leitsymptom der Koronarkrankheit. Charakteristisch ist ein drückender oder brennender Schmerz in der Brust, der manchmal in den Arm oder Kiefer ausstrahlt. Häufig kann sie durch körperliche Belastung provoziert werden. Aber nicht bei jedem Brustschmerz handelt es sich auch um eine Angina pectoris. Nicht selten sind muskuläre Verspannungen, Nervenreizungen, oder Blockaden der Wirbelsäule dafür verantwortlich. Außerdem gibt es noch eine Reihe anderer Erkrankungen innerer Organe, die Auslöser von Brustschmerzen sein können. Eine Angina pectoris kann auch auftreten bei Aortenklappenstenose und bei hypertensiver Herzkrankheit ohne gleichzeitige Koronarkrankheit.

Von einem Herzinfarkt ist dann zu sprechen, wenn ein Herzkranzgefäß über längere Zeit oder dauerhaft verschlossen ist und dieser Gefäßverschluss zum Absterben von Herzmuskelfasern sowie zur Ausbildung einer Narbe führt. Je ausgedehnter das Versorgungsgebiet des betroffenen Gefäßes, desto stärker ist die Schädigung des Herzmuskels und desto eher kann sich daraus eine Herzmuskelschwäche (Herzinsuffizienz) entwickeln.

Herzinsuffizienz steht für Herzschwäche. Auch sie ist, wie die Angina pectoris, keine eigenständige Erkrankung, sondern Folge einer Reihe verschiedener Herzkrankheiten. So können ein oder mehrere Herzinfarkte hintereinander, über Jahre andauernder Bluthochdruck, eine Aortenklappenstenose oder übermäßige Volumenbelastung bei undichten Herzklappen zu einer schweren Schädigung des Herzmuskels führen. Symptome der Herzinsuffizienz sind: verminderte Belastbarkeit, Atemnot bei mehr und minder starker Anstrengung oder sogar bei Untätigkeit. Es gibt verschiedene Schweregrade der Herzinsuffizienz. Ein akutes, lebensbedrohlich gefährliches Stadium ist das Lungenödem.

Unter diesem Begriff fasst man all die Störungen zusammen, bei denen das Herz aus dem Takt gerät. Wenn es zu langsam, zu schnell oder unregelmäßig schlägt. Normalerweise liegt die Herzfrequenz bei körperlicher Untätigkeit bei 60 bis 100 Schlägen pro Minute und ist regelmäßig wie ein Metronom. Rhythmusstörungen sind wiederum sehr vielfältig; Man unterscheidet zwischen denen, die in den Herzvorhöfen und denen, die in der Herzkammer entstehen. Zudem teilt man sie ein in zu schnelle („tachykarde“) und zu langsame („bradykarde“). Sie können regelmäßig oder unregelmäßig sein. Sie können einmalig oder urplötzlich und unregelmäßig auftreten, nur einen Moment oder mehrere Stunden bis Tage andauern oder auch permanent auftreten. Viele dieser Rhythmusstörungen sind harmlos, auch wenn sie als beängstigend oder gar bedrohlich empfunden werden. Manche bergen aber tatsächlich die Gefahr schwerer Gesundheitsschäden in sich und können sehr wohl lebensbedrohlich sein.

Herzklappen haben eine Ventilfunktion. Sie trennen die Herzvorhöfe von den Herzkammern und die Herzkammern von den großen Arterien: Die Trikuspidalklappe den rechten Vorhof von der rechten Kammer, die Mitralklappe den linken Vorhof von der linken Kammer, die Pulmonalklappe die rechte Kammer von der Lungenarterie, die Aortenklappe die linke Kammer von der Aorta. Sie sorgen dafür, dass der Blutfluss in eine Richtung gelenkt und ein Rückfluss verhindert wird. Entsprechend den Druckverhältnissen in den durch sie getrennten Kompartimenten öffnen oder schließen sie sich. Erkrankungen der Klappen wirken sich auf deren Funktion dahingehend aus, dass sie ein Öffnen der Klappen behindern (Stenosen) oder die vollständige Abdichtung beim Schließen nicht mehr erreicht wird (Insuffizienz). Beides kann auch zusammen in Kombination auftreten. Der Schweregrad der Krankheit ist abhängig vom Ausmaß der Flussbehinderung beziehungsweise von der Größe des aufgetretenen Lecks. Klappenfehler geringen Grades sind auch bei vielen gesunden Menschen zu finden und führen zeitlebens zu keinerlei Problemen. Auf der anderen Seite können gravierende Fehler in kurzer Zeit zum Tode führen und müssen daher dringend operiert werden.

Ist der Blutdruck im Lungenkreislauf erhöht, sprechen wir von einer pulmonalen Hypertonie. Sie wird häufig verursacht durch Erkrankungen des linken Herzens oder der Lunge. Es gibt aber auch die sogenannte idiopathische pulmonale Hypertonie; unter diesem Begriff werden all die Formen mit unbekannter Ursache zusammengefasst.

Die periphere arterielle Verschlusskrankheit ist nach der Koronarkrankheit die zweite, wesentliche Spezialform der Arteriosklerose. Sie betrifft hauptsächlich die Beinarterien. Reicht die Blutversorgung der Muskulatur nicht mehr aus, kommt es zu Schmerzen in den abhängigen Körperregionen. Ein typisches Phänomen ist die sogenannte “Schaufensterkrankheit”: Bei schweren Durchblutungsstörungen treten die Schmerzen oft schon während des Gehens einer kurzen Strecke in der Eben auf und zwingen den Leidenden, für ein paar Minuten stehen zu bleiben. Weil er das vor den anderen Leuten verbergen möchte, tut er so, als würde er sich für die Schaufensterauslagen der Geschäfte interessieren. Die Krankheit an sich stellt eher selten eine Gefahr dar. Als Erkrankung der Arterien beschränkt sie sich jedoch nicht nur auf die Beine. Im Zuge der Arteriosklerose kommt es jedoch auch zur Koronarsklerose. Ein Mensch, der an einer peripheren arteriellen Verschlusskrankheit leidet, hat ein erhöhtes Risiko einer Koronarkrankheit und eines Herzinfarkts. Das ist die eigentliche Gefahr.

Angeborene Herzfehler sind in der Erwachsenenkardiologie eher selten. Meist werden sie schon im Kindesalter entdeckt und behandelt. Das gilt insbesondere für die komplexen Herzfehler. Das ist das Terrain der Kinderkardiologen. Der häufigste angeborene Herzfehler in der Erwachsenenkardiologie ist der sogenannte Vorhofseptumdefekt. Dabei handelt es sich um ein Loch in der Vorhofscheidewand. Durch dieses Loch gelangt Blut aus dem linken Vorhof, das gerade die Lunge passiert hat, in den rechten Vorhof, danach in die rechte Herzkammer und wird von ihr unnötigerweise nochmals durch die Lunge gepumpt. Die rechte Herzkammer muss unter diesen Bedingungen einen Mehranteil an Blut befördern, der durch diese Kurzschlussverbindung in den Vorhöfen strömt. Dadurch kann sich die transportierte Menge durchaus verdoppeln. Häufig wird dieser Herzfehler erst im Erwachsenenalter entdeckt, weil er so lange Zeit kaum oder keine Symptome zeigte. Die Betroffenen stellen oft erst nach der Korrektur fest, dass sie beeinträchtigt waren. Sie waren es einfach nicht anders gewöhnt.